Eine Herbstgeschichte
Von Johannes Vollbrecht (13 Jahre)
Oh, Mann, ist das kalt! Der Herbst ist
für mich echt eine schwierige Zeit.
Für uns Feuersalamander heißt es jetzt schnell unter
irgendwelche Blätter, die der Wind von den Sträuchern
geweht hat.
Wenn Ihr jetzt denkt, ich sei unhöflich, weil ich meinen
Namen nicht genannt
habe, so muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass Salamander
keine Namen haben.
Das tut jedoch hier nichts zur Sache, zurück zum Herbst.
Im Herbst müssen wir Salamander uns schnell ein Zuhause suchen
und mit Blättern ausstopfen, sonst wird der Winter für
uns tödlich. Ich will Euch nun erzählen, was ich letzten
Herbst erlebt habe:
Gerade hatte ich mir ein gemütliches Blätterheim gebaut
und wollte mich nach der Futtersuche auf einer Treppenstufe etwas
ausruhen. Doch bevor ich dorthin zurückkehren wollte, erschrak
ich fürchterlich. Genau neben mir blieb ein Mensch stehen!
Ich stellt mich tot und hoffte, dass er mich nicht bemerken würde;
doch ich freute mich zu früh. Mit einer kleinen Schaufel
nahm er mich hoch und trug mich in Richtung Garten. „Was
hat der denn mit mir vor?“ dachte ich gerade, als er mich
absetzte und ich verblüfft feststellte, dass er mich genau
vor meinem Blätterhaufen abgesetzt hatte. Ich erkannte erleichtert,
dass der Mensch mir nur helfen wollte. „Komische Kreaturen,
diese Menschen,“ dachte ich, weil ich nicht wusste, was
ich davon halten sollte. Dieses Erlebnis hatte ich nur einmal
in meinem ganzen Leben. Was mir aber öfter passiert, ist,
dass ich mich im Herbst im Wald herumtreibe und nach Fressbarem
suche und plötzlich hinter mir Stimmer höre. Dann verstecke
ich mich unter Büschen und sehe mir an, was die Menschen
im Wald so tun. Was, das könnt Ihr Euch wohl schon denken:
Sie suchen bunte Blätter zum Pressen oder Kastanien, um aus
ihnen kleine Figuren zu basteln. So schöne Blätter findet
man ja sonst nicht und Kastanien gibt es eben nur im Herbst. Aber
das lustigste und aufregenste, was ich je erlebt habe war, als
ich auf einer Wiese herumflitzte, auf der Kinder Drachen steigen
ließen. Ich saß auf einem Flecken Gras und dachte
an nichts Böses, als ich feststellte, dass ich nicht auf
Gras, sondern auf einem grünen Drachen saß. Ich hatte
gerade noch Zeit, mich an den Lenkstangen aus Plastik festzuhalten,
als ich mitsamt Drachen in die Luft gerissen wurde. Ich fand das
eine Weile recht lustig, bis ich auf eine Stromleitung zuflog.
Nun zog und zerrte ich so lange an den Lenkstangen, bis der Drachen
eine Rechtskurve machte. Nun war mir klar, dass ich diese Ding
lenken konnte und so flog ich ständig neue Figuren, darunter
eine
tolle Acht. Als der Junge, der den Drachen fliegen ließ,
mich wieder runter holte, hörte ich wie sein Vater sagte:“Mensch
Junge, wie hast du denn das gemacht?“ Da musste ich ein
klein wenig grinsen.
Nach diesem aufregenden Erlebnis hatte ich mir meinen Winterschlaf
doch redlich verdient.
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